Zentralasien

Boysun –  не работает (funktioniert nicht)

Boysun liegt im Süden Usbekistans und ist eine Kreisstadt in der Provinz Surxondaryo. Die Stadt mit gut 20.000 Einwohnern  liegt auf 1200 m Höhe und ist von mächtigen Gebirgszügen umgeben. Die Gegend um Boysun ist aus archäologischer Sicht einer der bedeutendsten Orte Usbekistans, hier wurden die am längsten zurückliegenden Besiedelungen nachgewiesen – in der Teshik Tash Höhle wurden 1938  Skelettreste mit dem Schädel eines 8-10 Jahre alten Neandertaler-Mädchens gefunden. In jüngerer Zeit war die Gegend für Trecking-Touristen ein attraktiver Ausgangspunkt, was aber  durch Corona abgerissen zu sein scheint. Neben hohen Bergen, die bis zu 4000m aufsteigen und anspruchsvolle Trekking-Touren bieten, sticht vor allem auch der Rote Canyon hervor, der sich halbseitig über 35 km um Bosun erstreckt. 
Die Stadt ist lebendig, aber man sieht ein bescheidenes, eher armes Leben.  Sie ist vermutlich eher der usbekische Durchschnitt als die touristisch aufgehübschten Städte. Die Infrastruktur ist marode. In den zwei Tagen, die wir dort verbrachten, gab es drei längere Stromausfälle (so heißt es stets: не работае – ne rabote/funktioniert nicht) – einige Einwohner sind bereits darauf vorbereitet und schalten dann auf die privaten Generatoren um. Als wir Geld aus dem Bankomat holen wollten, war der erste Apparat demontiert, der zweite spuckte kein Geld aus (не работае). In dem Hostel, wo wir übernachteten, war es hygienisch und auch sonst grenzwertig, dann fiel auch noch das Wasser aus (не работае). Es gibt keine öffentliche Wasserversorgung, der mit Wasser beladene Tankwagen musste erst liefern. Auch die Waschmaschine, die wir nutzen wollten, funktionierte nicht (не работае). Wo einst Wandertouristen untergebracht waren, schliefen nun Montage-Arbeiter einer usbekischen Gas-Firma, die in der Nähe Gasrohre verlegten. Von morgens 7.00 bis 18.00, eine Stunde Mttagspause, da kamen sie zum Essen. Das alles bei 35 Grad. Für die Arbeiter aber trotz dieser Bedingungen offensichtlich finanziell attraktiv, denn sie kamen aus allen Landesteilen und hatten zum Teil sehr hohe Qualifikationen. Der Deal: 15 Tage arbeiten, dann 15 Tage frei. Die Männer waren sehr freundlich, einige suchten den Kontakt zu uns und bezogen uns sogleich in den abendlichen Videocall zu ihrer Familie ein.
Es ist hitzemäßig eine erbarmungslose Gegend, ein Fluss in der Nähe schafft allerdings ein kleines grünes Band. In der Nähe von Boysun befindet sich ein weiterer beeindruckender Canyon. Das Wasser des Flusses Machay gilt in diesem Darband-Canyon als Heilquelle und ist deshalb eine beliebte Pilgerstätte für Musliminnen und Muslime. Das hindert allerdings andere Usbeken nicht daran, das geliebte Auto am weiter oben zugänglichen Flußrand einer privaten Autowäsche zu unterziehen. Trotz langer Sucherei haben wir leider die oben genannte Höhle Teshik Tash nicht gefunden. Dennoch hat diese so lange besiedelte Gegend mit seinen heute noch intakten Bergdörfern einen tiefen Eindruck hinterlassen.

Kommentar

  • Inge und Wilfrid

    Beeindruckende Bilder und Videos einer harten und heißen Umwelt. Der Canyon mit luxuriöser Straße und kühlendem Flusslauf. Welch ein Privileg so etwas buchstäblich zu erfahren, zu durchqueren. Die Felswände sind ja ein aufgeschlagenes Geologiebuch, um das ich Euch etwas beneide – aber ich ahne auch die Außentemperatur und den Schutz der Klimaanlage im Auto. Der Canyon zeigt was Geodynamik, die Erosion, Zeit und Wasser bewirken. Das mal zu sehen, davor verblassen alle Geologiebücher, und Ihr habt es gesehen.
    Tschüss und macht weiter so. Alles liebe für Euch.

  • Julia

    Wow!!! Die Gegend ist ja wirklich sehr beeindruckend! Und vielen Dank für die historischen und aktuellen Informationen! Mir ist das bisher alles recht unbekannt gewesen.

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