Über Wladimir und Twer in die zwei ehemaligen Hansestädte Nischni Novogorod und Wyborg
Die Stadt Wladimir hatten wir eher aus fahrtechnischen Gründen gewählt, um am nächsten Tag möglichst stressfrei am Verkehrsmoloch Moskau vorbeizufahren. Aber diese Stadt mit ihren 350000 Einwohnern war eine wirkliche Überraschung, nicht zuletzt wegen ihrer historischen Bedeutung für die russische Geschichte, v.a . im späten Mittelalter und der Lage des Zentrums auf einem Hügel. In der heute überaus lebendigen Stadtmitte finden sich die prächtige Maria-Entschlafens-Kathedrale (wo man die Kerze für’s Gedenken digital bezahlen kann) und das Stadttor (war leider gerade in der Renovierung), beide aus dem 12. Jahrhundert.






An Moskau vorbei auf dem äußersten nördlichen Ring ging es auf einer Bezahlautobahn weiter nach Twer, einer Industriestadt an der Wolga, in deren Nähe das Flugzeug des Söldnerchefs Wagner am 23.8., also gut eine Woche vor unserer Durchreise, auf welche Art auch immer, abstürtzte. 400 km nordwestlich liegt dann Weliki Nowgorod, unsere vorletzte Station im russischen Transit. Weliki Nowgorod ist eine von ehemals 17 russischen Hansestädten, bedingt durch den Fluss Wolchow, der eine Verbindung zur Ostsee bildet, an deren Geschichte gerade in dieser Stadt (auch ehemals mit deutscher Unterstützung) erinnert wird. Es zeigt sich hier die enge handelspolitische Verbindung zwischen der deutschen Hanse und verschiedenen russischen Regionen, die eben keineswegs erst im 20. Jahrhundert mit den Energiegeschäften begonnen hat. Die Stadt liegt am nörlichen Rand des riesigen Immensee und ist eine der ältesten in Russland (Gründung 859). Sie war einst Hauptstadt des Kiewer Rus (mittelalterliches slawisches Großreich), der Nowgoroder Kreml mit der Sophienkathedrale und einigen anderen Gebäuden ist seit 1992 UNESCO-Weltkulturerbe. Die Stadt wirkt recht wohlhabend und ist ein touristisches Zentrum mit entsprechender Infrastruktur. In einem Dorf in der Nähe wurde der Komponist Sergei Rachmaninow geboren, dem im Stadtpark eine schön inzenierte Skulptur gewidmet ist.






Wie auf der Hinfahrt war dann die ehemalige Hansestadt Wyborg unser letztes Ziel vor der finnischen Grenze, die von dort 40 km entfernt ist. Anders als Anfang April war nun im beginnenden September richtig Leben in der Stadt, die ebenfalls ein beliebtes Ausflusziel des inländischen Tourismus ist. Die ehemals vielen finnischen Touristen bleiben vor dem Hintergrund des Krieges und der angespannten politischen (Grenz)Situation zwischen dem NATO-Neumitglied Finnland und dem kriegführenden Russland mehrheitlich weg. Wyborg selbst hat als Ostseestadt eine maritime Atmosphäre, die Stadt ist nicht durchmodernisiert, eher etwas morbide, was aber echten Charme hat. Die Stadt könnte gut die Kulisse für einen Störtebecker-Film abgeben. Nach dem Verprassen der letzten Rubel, ging es dann an die Grenze, die wir ohne große Probleme passieren konnten (siehe Beitrag 1.9.)



Inge und Wilfrid
Ihr ward auf alten und prominenten Spuren unterwegs. Ein Blog (Tagebuch) erzählt noch heute davon, von damals, 1630er Jahre. Adam Olearius aus Schleswig, Hofgelehrter auf Schloss Gottorf. Auf dem Weg nach Moskau. Drei Jahre später ging Olearius nochmal in Richtung Moskau, aber diesmal weiter bis Astrachan, dort wo auch Ihr ward. Er ist dann weiter über‘s Kaspi nach Shiraz in Persien. Aber alles ohne Pajero, meistens per Schiff. Die großen Handelshoffnungen zerschlugen sich. In Kiel am alten Markt entstanden zwischenzeitlich die persianischen Lagerhäuser und blieben leer, bis der deutsche Größenwahn 1944 alles zu Staub werden ließ.
Welch schöne Skulptur von Rachmaninov. Keine staatlich verordnete futuristische Kunst. Überaus elegant als Weltbürger, mit Südstaatenhut aus seiner Zeit in den USA.
Ihr glücklichen Augen. Danke für Eure Zeit.